Ein Buchhandel 2020

Der Buchhandel steht vor einem Wandel. In Zeiten, da es Supermarktprodukte an U-Bahnwänden per QR-Code zu bestellen gibt und in denen wir alles online erreichen können, stellt sich die Frage, wie ein traditionelles Geschäft leben kann.
Felix Jud ist eine der ältesten Buchhandlungen mit persönlicher Kundenbetreuung und einem wunderbar fundiertem Know-how. Gerade diese Stärken muss ein zukunftsfähiger Laden mitbringen. Die Individualität und Persönlichkeit soll sich nicht nur im Personal, sondern auch im Innenraum präsentieren.

Mit dem Konzept der Gradlinigkeit lässt sich nicht nur der klare Standpunkt von Felix Jud ablesen, sondern so wird auch das Interesse der potenziellen Kunden direkt gelenkt und bis in die obere Etage gezogen. Die Wege sind klar definiert, so dass der Besucher unbewusst gelenkt wird.
Gleichzeitig ist durch die Materialität der Bezug zum qualitativ anspruchsollen Kunden gesucht und auch das Profil, dass es für jeden Kunden das beste, für ihn passendste Buch gibt, bestätigt.

Eine Fläche aus dem Charakter des Buches zieht sich vom Boden über die Vertikale bis hin zu einer weiteren Horizontale an der Decke. Diese Linie wird den Weg hinauf begleitet. Zwischen den beiden Wegen im Erdgeschoss befindet sich eine bunte, fast verspielt wirkende Fläche. Die Bücherrücken. Sie sind eine Sammlung von Taschenbüchern ehemaliger Bestsellerlisten, überzogen mit einer transparenten, kratzfesten Kunstharzschicht und provokant überbetont durch das Aufstellen einer eigenen, wechselnden Empfehlung von zehn Büchern. Somit ist auch an dieser Stelle dem Kunden Rechnung getragen, der nur kurz hereinschaut. Diese Bücher sind wie in Stelen präsentiert und erhalten ihre ganz persönliche Rezension über Tablet-PCs, die per WLAN direkt mit dem Arbeitsbereich der Buchhändler verbunden sind.

Um den Raum wirken zu lassen oder schon ein erstes Buch anzulesen, läd die Sofamöblierung in den Schaufenstern ein. Bei einem kleinen Espresso von der Kassentheke lässt es sich einen Moment innehalten.
Vertikel aufstrebend am Ende des Bücherbodens erstreckt sich ein ladenhohes Regal. Dieses beinhaltet die Klassiker der Literatur. Es sind Bücher, die langlebig und charakterstark sind und bewusster wahr genommen werden sollten im Literaturwissen eines jeden Einzelnen. Die Buchcover.

Links und rechts davon gibt es nun den Weg einerseits in das Kellergeschoss andererseite in das Obergeschoss. Wählt man den rechten Weg, kann man bereits über eine Galerie ausgewählte Kunst an der Wand sehen. Diese sind auch über das letzte Schaufenster wahrzunehmen. Kunstinteressierte werden ihre Freude haben an einem extra großen Tisch Originale und Reproduktionen zu begutachten.

Der linke Weg führt zielstrebig am Arbeitsbereich zweier Buchhändler vorbei, so dass sie für beide Etagen einen perfekten Zugang haben und durch ihre Position in der Mitte auch das Herzstück darstellen. An der Stelle hinter dem Regal, auf der Mitte des Weges gelangt man auch an den Kauf der vorne präsentierten Literatur im Regal. Angekommen im Obergeschoss ist man auch an der wieteren horizontalen Geraden, die sich durch den Laden Felix Jud zieht, angelangt. Bereits von unten sieht man hier das digitale Medium des Flatscreen. Passend zu dieser Art von digitalem Zeitalter, bietet auch Felix Jud in den Blindfenstern des Buchhandels überdimenional große Tablet-PCs für das Suchen und FInden von Büchern inklusive dem direkten Runterladen über QR-Codes.

Aber auch dem klassischen Stöbern ist hier oben Raum gegeben. So ziehen sich in langen Regalreiehen eine große Anzahl an persönlich ausgewählten Büchern entlang. Eine fensterbreite Tafel läd auch hier zum Lesen oder Verweilen mit Blick auf den Neuen Wall ein.

Für Lesungen und die besondere Präsentation der Buchhandlung über dieses Veranstaltungsformat, gibt es in dem langen Regal die Möglichkeit, ein eigenes Podest auszuklappen, so dass der Leser in einer besonderen Situation den Luftraum in der Buchhandlung durch sich und sein vorgetragenes Wort erfüllt und neugierig macht.


Laura Geldschläger